Neues von Freudenthal
Museumspläne haben sich zerschlagen
Denkmal in Fintel wechselt Besitzer
VON LARS WARNECKE
Fintel - Was wäre Fintel nur ohne sein gemauertes Freudenthal-Denkmal? Keine Frage: Die Gemeinde wäre sicher um eine Attraktion ärmer. 1932 erbaut und eingeweiht, grüßt das Konterfei des Heimatdichters (1849 bis 1929) seitdem von einer Bronzeplakette - in einem kleinen Eichenwaldstück an der Ruschwede. Friedrich Freudenthal liebte sein Heidedorf, welchem er in dem Gedicht "Dat Dörp in stille Heide" zu Lebzeiten selbst ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Bis heute ist sein Name in Fintel allgegenwärtig. Selbst Kinder wissen um seine Person und sein lyrisches Vermächtnis an die Nachwelt. Dass das so bleibt, dafür setzt sich Hans-Joachim Schmidt (83) schon seit Jahrzehnten ein.
Lange ist es her: Hans-Joachim Schmidt vom Finteier Heimatverein zeigt ein Bild vom
Bau des Freudenthal-Denkmals aus dem Jahr 1932.
Foto: warnecke
|
Früher ist Hannes, wie der rüstige Senior genannt wird, zur See gefahren, lebte in Kiel und Hamburg. Heute sitzt er im Vorstand des Finteier Heimatvereins, ist engagiertes Mitglied der Freudenthal-Gesellschaft in Soltau. Vom Leben und Wirken des Dichters sei er schon lange fasziniert, sagt Schmidt - spätestens, nachdem er sich Mitte der 1970er-Jahre in Fintel nieder-gelassen habe. Inzwischen sei er von Familie Schröder, den Nachfahren Freudenthals, auch ganz offiziell als Nachlassverwalter eingesetzt worden.
Bis vor drei Jahren war der einstige Wohnsitz des Dichters, das Freudenthal-Haus an der Freudenthalstraße, noch im Besitz der Schröders. Heute gehört das bis auf die Fassade kernsanierte Anwesen einer Ärztin aus Hamburg, die dort auch Pferde hält. "Dabei wollte die Familie das unter Denkmalschutz stehende Gebäude ursprünglich gar nicht an private Hand verkaufen", meint Schmidt. Stattdessen sei er beauftragt worden, es in den Besitz einer Stiftung, die unter dem Hut der Gemeinde agiert hätte, zu überfuhren - nur hätten finanzielle Hürden dieses Vorhaben leider zunichte gemacht. "Obwohl der Landkreis sich schon bereit erklärt hatte, für den Erwerb einen stattlichen Zuschuss über 100000 Euro zu leisten, und obwohl ich niedersachsenweit um weitere Unterstützung gebeten hatte, sollte das Ganze am Ende an den Folgekosten, beispielsweise jenen für einen Stiftungsrat, scheitern", bedauert der 83-Jährige.
" Im Endeffekt ist es den Bach runtergegangen -
dabei wäre es natürlich ideal gewesen, die ganzen Sachen unter einem Dach auszustellen."
Hans-Joachim Schmidt |
Seit Anfang des Jahres gehört das Grundstück, umgeben von alten Eichen, der Gemeinde Fintel.
Foto: warnecke
|
|
|
Damit mussten Schmidt und seine Mitstreiter auch ihre Idee eines öffentlich zugänglichen Museums wieder zu Grabe tragen. "Im Endeffekt ist es den Bach runtergegangen - dabei wäre es natürlich ideal gewesen, die ganzen Sachen, die wir von Friedrich Freudenthal haben, also seine Schriften, Bücher und das Mobiliar, unter einem Dach auszustellen." Das Haus selbst, berichtet er zu den damaligen Plänen, habe man dann wieder in seinen Originalzustand zurückversetzen wollen.
Endstation Kreisarchiv
Und heute? Heute ist Freudenthals kompletter Schreibnachlass, der laut Schmidt sage und schreibe 18 Umzugs-Kartons füllen würde, nach mehreren Stationen zwischen Fintel und Soltau, die seinen Worten nach jedoch nie von langer Dauer gewesen seien, endgültig im Rotenburger Kreisarchiv eingelagert, wo dieser von jedermann bei Interesse eingesehen werden könne. "Ich war mir mit Familie Schröder einig, dass man die Sachen nicht unter Verschluss halten sollte", sagt Schmidt. Die rustikalen Bauernmöbel, die allesamt auf seinen Entwürfen fußen, seien derweil noch in einer privaten beheizten Unterkunft im Haxloh untergebracht. Im Kreishaus habe sich für das historische Gut nämlich kein Platz mehr gefunden, ebenso wenig im Finteier Heimathaus und, anders als früher noch, beim Heimatbund in Soltau. Die Chancen, dass die Tische, Schränke und viele weitere Schmuckstücke der Öffentlichkeit doch noch zugänglich gemacht werden, stünden laut Schmidt jedenfalls nicht schlecht: Momentan steht der Finteier noch im Austausch mit dem Bachmann-Museum in Bremervörde. "Wenn Corona vorbei ist, werden die Exponate wohl dorthin wandern."
Und dann kommt Hannes Schmidt doch noch einmal auf das eingangs erwähnte Denkmal zu sprechen, welches, anders als der Nachlass, noch kein einziges Mal den Standort gewechselt habe. Vom Deutsch-Hannoverschen Verein in Kooperation mit dem früheren Heimatverein (der hatte sich 1945 aufgelöst. 1989 kam es zur Neugründung) sei es drei Jahre nach Freudenthals Ableben errichtet worden. Seitdem habe es sich immer im Besitz seiner Nachfahren befunden. Seit Anfang des Jahres ist das anders: Die Familie, berichtet der 83-Jährige, habe sich nämlich auch von diesem Grundstück trennen wollen, habe bereits mit einem kaufinteressierten Landwirt aus dem Dorf hinsichtlich einer Überführung Verhandlungen geführt. "Der Notar war tatsächlich schon beauftragt worden", blickt der ehemalige Seefahrer zurück. Dass das an der Finteier Freudenthalstraße gelegene Waldstück mitsamt dem Denkmal nun aber keinem Landwirt aus der Nachbarschaft, sondern der öffentlichen Hand gehört, sei seinem Eingreifen geschuldet. "Ich habe die Gemeinde auf ihr Vorkaufsrecht hingewiesen - wovon sie dann auch quasi in letzter Minute, bevor es zur Vertragsunterzeichnung gekommen wäre, Gebrauch gemacht hat." Der Erwerb sei dann auch im Einvernehmen mit Familie Schröder geschehen.
Nun hoffe der Nachlassverwalter, dass das beschauliche Gelände, um dessen Pflege sich in der Vergangenheit vorwiegend der Männergesangsverein Frohsinn ehrenamtlich gekümmert habe, vom neuen Eigentümer auch in Zukunft gut in Schuss gehalten wird: "Jetzt ist die Gemeinde voll im Besitz und somit auch voll handlungspflichtig", sagt er. "Ich werde jedenfalls sehr genau mein Auge darauf haben."
|